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Hohe Nachfrage bei TreibstoffenTrotz Preisexplosion tanken Schweizer wie zuvor

«Wer ein Auto besitzt, will es auch fahren», sagt eine HSG-Professorin: Der Benzinverkauf legt zu, trotz hohen Preisen. 

Der Ölpreis ist nach seinem fulminanten Anstieg wieder gesunken. So bewegt sich der Ölpreis für die Sorte Brent derzeit bei rund 105 Dollar je Fass. Wie die «New York Times» schreibt, ist der Preis 28 Tage in Folge gesunken, wobei es sich um den längsten Rückgang des Benzinpreises handelt seit Beginn der Corona-Pandemie. Am 8. März – kurz nach Kriegsbeginn in der Ukraine – erreichte der Brent-Ölpreis 133,10 US-Dollar. So teuer war das Öl seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr. 

In den USA, dem Autofahrland Nummer 1, sind die Konsumentenpreise im Juni vor allem wegen der steigenden Benzinkosten um 9,1 Prozent gestiegen. In der Schweiz hat die Inflation im Juni 3,4 Prozent erreicht, im Mai waren es erst 2,9 Prozent. Doch führen die steigenden Preise an den Zapfsäulen dazu, dass die Schweizerinnen und Schweizer weniger tanken? 

Die Zahlen von der Erdölvereinigung Avenergy zeigen das Gegenteil: Im März wurden 191’000 Tonnen Benzin verbraucht, im April ging die Nachfrage dann leicht zurück und betrug 175’000 Tonnen. Aber im Mai, als die Preise bereits stark stiegen, legte der Benzinverkauf wieder zu und erreichte 185’000 Tonnen. 

Schweizer reagieren weniger preissensibel 

«Unsere Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass die Nachfrage nach Treibstoffen und damit die Absätze sich nur sehr wenig bis gar nicht durch den Preis beeinflussen lassen», sagt Fabian Bilger, stellvertretender Geschäftsführer von Avenergy.  

«Wer demnächst ein neues Auto kaufen will, erwägt wegen des höheren Benzinpreises womöglich eher den Kauf eines Elektroautos.»

Jan-Egbert Sturm, Konjunkturforschungsstelle der ETH

«Preiserhöhungen beim Benzin werden immer heiss debattiert, dennoch wird fröhlich weitergetankt», sagt auch HSG-Marketingprofessorin Johanna Gollnhofer. Fakt sei, dass Konsumenten beim Benzin sehr unelastisch reagierten. Das heisst, dass die Nachfrage nicht entsprechend sinkt, wenn die Preise steigen. «Es gibt kurzfristig kein Substitut. Wer ein Auto besitzt, will es auch fahren», so die HSG-Professorin.

Kollidierende Faktoren

Jan-Egbert Sturm von der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH sieht die Dinge etwas anders. «Der Treibstoffkonsum ist immer noch tiefer als 2019, als wir noch ganz ungehindert verreist sind. Die Nachfrage, wieder zu reisen und mobil zu sein, hat seit Frühling stark zugenommen, und dennoch ist die abgesetzte Menge noch nicht auf dem Vor-Pandemie-Niveau, was eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Der hohe Preis dämpft also zumindest teilweise die Nachfrage nach Benzin», urteilt er. 

Einerseits seien die Energiepreise wegen des Krieges in der Ukraine gestiegen, was eigentlich für eine sinkende Nachfrage sprechen würde. «Da wir uns aber andererseits in einer Normalisierungsphase nach der Pandemie befinden, kollidieren hier diese zwei Faktoren: steigende Preise, aber doch erhöhte Nachfrage», erklärt Sturm. Sprich, die wieder erwachte Lust, mit dem Auto unterwegs zu sein, gleicht den Bremseffekt der hohen Preise zumindest zum Teil aus. 

Sofern sich der Benzinpreis weiter auf einem hohen Niveau bewegt, könnte dadurch die abgesetzte Menge längerfristig zurückgehen, glaubt KOF-Experte Sturm. «Wir kaufen nicht alle paar Jahre ein neues Auto, aber wer demnächst ein neues Auto kaufen will, erwägt wegen des höheren Benzinpreises womöglich eher den Kauf eines Elektroautos. Oder auch den Umstieg auf den ÖV.» Solche Anpassungen erfolgten schleichend. 

Dem stimmt HSG-Expertin Gollnhofer zu, und sie ergänzt: «Auch das vermehrte Arbeiten im Homeoffice oder auch nur schon das hybride Arbeiten könnte zu einem sinkenden Benzinverbrauch führen.» 

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Tankstellen haben Preise gesenkt 

Gegen eine bald sinkende Nachfrage spricht indes, dass die Benzinpreise jüngst gesunken sind. Eine Umfrage bei einzelnen Tankstellenanbietern zeigt, dass sie die sinkenden Ölpreise an die Kunden weitergegeben haben, wobei der Ölpreis nur ein Faktor für den Preis an den Zapfsäulen ist. So hat Coop Mineralöl Anfang Juli den Preis für Bleifrei 95 und 98 um 5 Rappen gesenkt. Nach Angaben des Unternehmens kostete vergangene Woche ein Liter Treibstoff im Schnitt zwischen 2.21 und 2.34 Franken, je nach Produkt.

«Wir haben die Preise in der Schweiz zuletzt am 7. Juli um fünf Rappen nach unten angepasst, und es ist gut möglich, dass eine weitere Anpassung erfolgt», sagt auch Oel-Pool-Chef Ramon Werner. Sein Unternehmen ist der grösste Tankstellenbetreiber der Schweiz. Aktuell koste ein Liter Bleifrei bei den Ruedi-Rüssel-, BP- und Mini-Prix-Tankstellen im Schnitt 2.17 Franken. Der Dieselpreis liege bei 2.32 Franken pro Liter.

«Für uns sind die Börse in Rotterdam und der Preis für raffiniertes Benzin und Diesel massgeblich», erklärt er. Dazu kommen der Wechselkurs vom Franken zum US-Dollar sowie die Frachtkosten. Diese seien in den letzten Tagen aufgrund des niedrigen Wasserstands im Rhein stark angestiegen, auch der US-Dollar habe sich zum Franken verteuert.

Sollte der Benzinpreis infolgedessen wieder zulegen, so wird das die Autofahrerinnen und -fahrer ärgern. Die wenigsten werden deswegen aber das geliebte Auto stehen lassen.