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Ökonomen-Interview zu Megaverlust«Die Nationalbank hat beim Franken viel zu lange interveniert»

Hatte die Schweizerische Nationalbank immer den Durchblick? Die Führungsspitze an einem Jahresmediengespräch in Bern.

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Herr Föllmi, fast 100 Milliarden Franken Minus macht die Schweizerische Nationalbank (SNB) in sechs Monaten. Wie fühlt sich diese Zahl für einen Ökonomen an?

Natürlich ist das eine gewaltige Zahl. Aber man musste das in dieser Grössenordnung erwarten. Es ist nun mal eine Folge dieser gigantischen Bilanz von rund 1000 Milliarden Franken und dem damit verbundenen Hebel. Schon kleinere Veränderungen bei Aktien- und Währungskursen haben riesige Wirkungen auf Gewinn oder wie jetzt eben Verlust.

Erwarten Sie, dass der Druck auf die SNB nun zunimmt? Immerhin droht die Ausschüttung an Bund und Kantone wegzufallen, und die Verlustzahl allein dürfte in gewissen Kreisen schlecht ankommen.

Klar schien es ruhiger um die SNB und ihre Geldpolitik, wenn die Gewinne sprudelten und Geld verteilt werden konnte. Aber die Kritik war ja schon vor diesem Riesenverlust da. Und sie wird jetzt sicher nicht abnehmen.

Was kommt auf die SNB zu?

Grob gesehen muss sich die SNB zwei Themen stellen: Erstens der Frage, wie sie die Geldpolitik führt, und zweitens gibt es Diskussionen um die Art und Weise der Anlage. Zu Punkt 1: Ich persönlich gratuliere der SNB, dass sie im Juni diesen Zinsschritt nach oben gemacht hat. Sie hat damit gezeigt, dass sie ihre Geldpolitik unabhängig führen kann. Unabhängig von der Grösse der Bilanz – es hätte ja sein können, dass sie aus Angst vor Verlusten davor zurückschreckt – und auch unabhängig von der Europäischen Zentralbank. Aber klar, das hat zu einer Aufwertung des Frankens von rund fünf Prozent geführt. Dies wiederum umgerechnet, bringt einen Verlust von rund 50 Milliarden Franken auf die Gesamtbilanz.

Und Punkt 2?

Die Diskussion, wie die SNB ihre Gelder anlegt, kommt immer wieder. Mehr aktive Anlagen wie Aktien, oder eben gerade nicht. Weil die Bilanz so gross ist und entsprechend der Hebel auf Gewinn oder Verlust, gibt es viele Kreise, die hier mitreden wollen. Einige meinen dann, dass ein Staatsfonds besser, ertragsreicher, klimafreundlicher oder was auch immer anlegen würde. Ich halte diese Idee für gefährlich, damit würde der Handlungsspielraum der SNB nur eingeschränkt.

Die SNB kann sich auf ihre Unabhängigkeit berufen.

Der Diskussion muss sie sich trotzdem stellen. Sie agiert zwar politisch unabhängig, aber nicht im luftleeren Raum, sie muss über ihr Handeln Rechenschaft ablegen.

Ein Grund, warum jetzt ein so grosser Verlust resultiert, ist der starke Franken. Ein Euro ist nur noch gut 97 Rappen wert. Hat die SNB den Kampf gegen den starken Franken aufgegeben?

Meiner Meinung nach hat die Nationalbank viel zu lange interveniert. Die Exportindustrie erwirtschaftet einen Überschussrekord nach dem anderen. Es hätte diese Interventionen zumindest ab 2017 gar nicht in diesem Ausmass gebraucht. Inzwischen muss sie ohnehin viel weniger intervenieren, denn die im Ausland relativ zur Schweiz höhere Inflation tut das Ihre. Die Überbewertung des Frankens reduziert sich so von allein.

Die US-Notenbank Fed beginnt mit dem Abbau ihrer Bilanz. Die SNB wird das auch tun müssen. Wann sehen Sie den Zeitpunkt gekommen?

Die Fed ist immer schneller bei solchen Entwicklungen. Aber klar, auch die SNB wird ihre Bilanz von rund 1000 Milliarden abbauen müssen. Vor der Finanzkrise lag diese bei rund 50 Milliarden Franken. Mit einem Abbau der Bilanz kann die SNB den Hebel verkleinern, der ihr ja heute diese hohe Verlustzahl eingebrockt hat. Und vermutlich noch wichtiger: Eine Verkleinerung der Bilanz würde politischen Druck von der Nationalbank nehmen.

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Und warum tut sie es denn nicht?

Es ist ja nicht so, dass sie es nicht tut, allerdings will sie auch von den Negativzinsen wegkommen. Sie ist bis jetzt zurückhaltender mit der entsprechenden Kommunikation. Teilweise hat man in den Zahlen bereits einen kleinen Rückgang gesehen. Sie muss hierbei vor allem das «Windows of Opportunity» nutzen.

Das heisst?

Die SNB muss dann Bilanzabbau betreiben, wenn die Wirtschaft gut läuft. Würden wir rezessive Tendenzen sehen, wird es schwierig, weil dann der Wechselkurs wieder eine wichtigere Rolle spielt.

Das ist ja vermutlich genau der Punkt: Die Fed muss beim Bilanzabbau weniger auf die eigene Währung schauen als die SNB.

Genau, wir sind viel stärker von der Exportwirtschaft abhängig als die USA.

Vor der Finanzkrise lag die Bilanz der SNB bei rund 50 Milliarden Franken. Jetzt sind es rund 1000 Milliarden. Werden wir 50 Milliarden je wieder sehen?

Aus heutiger Sicht ist diese Zahl weit weg. Weil die Zinsen nicht beliebig fallen können, wird es auch nicht wieder so tief runtergehen. Eine deutliche Reduktion wäre ja schon mal eine Verbesserung.